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199953

(2015) Einführung in die Gedichtanalyse, Stuttgart, Metzler.

Der Ort des Gedichts in der Sprache

Dieter Burdorf

pp. 25-57

Gedichte sind wie jede Art von Literatur sprachliche Gebilde. Sie benutzen die Sprache, ein Medium, das die Menschen entwickelt haben, um sich miteinander zu verständigen und um die Probleme, die das Zusammenleben und die Auseinandersetzung mit den Zwängen und Bedrohungen der Natur bereiten, besser zu bewältigen. In der poetischen und besonders in der lyrischen Sprachverwendung entfernen sich die formalen Gestaltungsmittel und teilweise auch die Ziele des Sprechens und Schreibens von denen der Alltagssprache. Gedichte lösen sich durch ihre gezielt künstliche Form — in jedem Fall durch die Versstruktur, häufig auch durch Reim, Metrum und andere Abweichungen von der Schreib- und Sprechweise der Prosa — aus den alltäglichen Nutz- und Zweckzusammenhängen; sie sind wegen ihres Überhangs an sprachlichen Mitteln und der Vernachlässigung der Zwecke zunächst unnütz. Zugleich konzentrieren sie sich auf sich selbst: Die Verseinschnitte, die Figuren von Wiederholung und Variation (z.B. Reim, Refrain, Versmaß) lenken die Aufmerksamkeit der Lesenden und Hörenden auf das sprachliche Material; die Funktionslosigkeit des Gedichts und die damit verbundene gesellschaftliche Isolation seines Autors oder seiner Autorin sind bevorzugte Themen von Gedichten.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-05422-7_2

Full citation:

Burdorf, D. (2015). Der Ort des Gedichts in der Sprache, in Einführung in die Gedichtanalyse, Stuttgart, Metzler, pp. 25-57.

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