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231970

(2001) Nietzsche im Exil, Weimar, Böhlaus Nachfolger.

Ein Wort für die Moral

Gerhard Schweppenhäuser

pp. 93-102

Am 31. Juli 1950 saßen im Hörfunk-Studio des Hessischen Rundfunks in Frankfurt drei Philosophen um das Mikrophon. Anläßlich von Nietzsches bevorstehendem 50. Todestag diskutierten Adorno, Horkheimer und Gadamer. Das klingt heute ganz alltäglich, aber wir müssen uns in Erinnerung rufen, was für eine Konstellation es damals war. Fünf Jahre nach der Befreiung sprechen ein im »Dritten Reich« geschätzter Philosophieprofessor und zwei gerade erst zurückgekehrte, jüdische, gar marxistische Emigranten über einen Denker, den die Nationalsozialisten zu ihrem Philosophen erklärt hatten, zum Archetypen des »germanisch-heroischen Menschen« (so Alfred Rosenberg) und zum »Übermenschen vom deutschen Endkampf« (das waren die Worte von Hans Frank)1 — einen Denker, der daraufhin im staatssozialistischen Deutschland dann gut 40 Jahre lang tabu bleiben sollte. Gadamer hatte sich angepaßt und war ohne Beschädigung durch das »Dritte Reich« gekommen, aber auch ohne sich zu kompromittieren. Adorno und Horkheimer waren 1949 aus der Emigration nach Frankfurt zurückgekehrt. In den USA hatten die beiden das legendäre Institut für Sozialforschung geleitet, eine der ersten Institutionen, die die Nazis 1933 geschlossen hatten.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-02785-6_8

Full citation:

Schweppenhäuser, G. (2001). Ein Wort für die Moral, in Nietzsche im Exil, Weimar, Böhlaus Nachfolger, pp. 93-102.

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