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227046

(2007) Moderne begreifen, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag.

Aqedah ("Fesselung") des Theaters

Die Theater-Moderne als Feld der Begegnung griechischer und jüdischer Theatralität (am Beispiel Arthur Schnitzlers und Franz Kafkas)

Bernhard Greiner

pp. 337-350

Prominenteste Denkfigur, ‚Moderne "zu begreifen, ist ‚das Neue"; darin ist die Vorstellung des Bruchs mit dem Gegebenen sowie der Auflösung überkommener Bestimmungen eingeschlossen. Bezogen auf die Theater-Moderne hat man entsprechend auf den Bruch mit tradierten Konzeptionen von Wahrnehmung, auf einen radikalen Wandel des Bezugs zum Körper wie des Vertrauens in die Sprache als Voraussetzungen abgehoben,1 die zu einer Auflösung der Grundkonstituenten des Dramas, d. i. von ‚Handlung", ‚Figur" und ‚Rede" geführt haben.2 So wird Theater-Moderne primär negativ bestimmt, was auch noch zutrifft, wenn man die überkommenen Strukturen als ‚Fessel" bestimmt, die das moderne Theater als ‚entfesseltes' (vgl. Tairow) sprenge. Statt aus einem Bruch kann sich das Neue aber auch aus einer erneuten Hinwendung zum Überkommenen ergeben, aus einer Neuaneignung von dessen Grundlage. So entwarf z. B. Kleist mit seiner Penthesilea das wahrscheinlich radikalste Theaterstück des 19. Jahrhunderts daraus, dass er die Entwicklungsgeschichte der Tragödie konsequent zurückging in ihren Ursprung (vgl. Greiner 2003); oder es sei an Nietzsche erinnert, der zu einem großen Anreger der Theater-Moderne durch seine Tragödienschrift wurde, die den Ursprung, die ‚Ur-Szene" des griechischen Theaters in einer neuen Weise gedeutet hat. Für die deutschsprachige Theateravantgarde des ausgehenden 19. und des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts soll nachfolgend die Produktivität einer anderen ‚Urszene" der Theatralität aufgezeigt werden, ein Bezug, der diese Theateravantgarde vielleicht ganz neu sehen lässt. Er ist bisher unbeachtet geblieben, wohl darum, weil er nicht in der Tradition der europäischen, vom antiken griechischen Theater sich herschreibenden Tradition steht, vielmehr der jüdischen Kultur zugehört.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-8350-9676-9_25

Full citation:

Greiner, B. (2007)., Aqedah ("Fesselung") des Theaters: Die Theater-Moderne als Feld der Begegnung griechischer und jüdischer Theatralität (am Beispiel Arthur Schnitzlers und Franz Kafkas), in C. Magerski, R. Savage & C. Weller (Hrsg.), Moderne begreifen, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag, pp. 337-350.

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