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227046

(2007) Moderne begreifen, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag.

Das Paradox der freien Partnerwahl in der Liebe

Zum Aufstieg und Fall einer sozialistischen Liebessemantik in Christa Wolfs Der geteilte Himmel und Volker Brauns Unvollendete Geschichte

Alison Lewis

pp. 289-309

Kaum ein anderes Thema wurde in der Literatur der ehemaligen DDR so oft behandelt und in deren Rezeption so wenig beachtet wie die Liebe. Ehen, Liebesaffaren und Ehebruchsdramen sind zwar der narrative Stoff, aus dem sozialistische Erzählungen und eine spezifisch sozialistische Nationalliteratur geschmiedet wurden, aber als Topos in der Rede um die Literatur führte die Liebe eher ein Schattendasein. Dennoch kommt kaum eine Erzählung der fünfziger und sechziger Jahre ohne das Handlungsgerüst einer Liebesbeziehung aus. Von den Produktionsromanen der Aufbauphase über den Ankunftsroman bis hin zur feministischen Literatur von Christa Wolf und Irmtraud Morgner der siebziger und achtziger Jahre werden die Liebe und das Liebesleiden in der Literatur der DDR stets thematisiert, sei es als Passagenritus sozialistischer Jugendlicher, Eifersuchtsgeschichte in einer Dreieckskonstellation oder als Ausdruck einer spezifisch weiblichen Utopie. Obwohl die Liebe eine weitgehend vernachlässigte Komponente der sozialistischen Literatur blieb, wies sie eine unverkennbare Semantik auf, die ihre eigenen Paradoxien und auch ihre eigene Evolution hatte. Wie diese Liebessemantik codiert war, wäre der Gegenstand einer umfangreicheren Studie als dieser. Hier soll stattdessen der Versuch unternommen werden, anhand von zwei Schlüsselromanen der sechziger und siebziger Jahre, Christa Wolfs vielleicht bekanntestem Werk Der geteilte Himmel aus dem Jahre 1963 und Volker Brauns 1977 veröffentlichtem Roman Unvollendete Geschichte, zwei Wasserscheiden der Evolution einer sozialistischen Liebeskonzeption nachzuzeichnen, die man als den Aufstieg und Fall einer Semantik bezeichnen könnte.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-8350-9676-9_22

Full citation:

Lewis, A. (2007)., Das Paradox der freien Partnerwahl in der Liebe: Zum Aufstieg und Fall einer sozialistischen Liebessemantik in Christa Wolfs Der geteilte Himmel und Volker Brauns Unvollendete Geschichte, in C. Magerski, R. Savage & C. Weller (Hrsg.), Moderne begreifen, Wiesbaden, Deutscher Universitätsverlag, pp. 289-309.

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