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222756

(2018) Klopstock/Milton – Teleskopie der Moderne, Stuttgart, Metzler.

Bildlegende Giovanni di Paolo

Teleskopie der Moderne

Anselm Haverkamp

pp. 5-8

Giovanni di Paolos »Erschaffung der Welt und Vertreibung aus dem Paradies« blendet zwei Bilder in eines, wobei das zweite die Ansicht des ersten soweit prägt, daß man denken könnte, das erste, die Erschaffung der Welt, sei mit dem Zweck des zweiten, der Vertreibung aus dem Paradies, erst nachträglich darstellbar geworden. Der vielgeflügelte zürnende Gott naht über den Sphären der von ihm geschaffenen Welt heran, als eilte er dem Menschenpaar nach, das sein Engel bereits an den goldenen Paradiesesbäumen vorbei aus dem Garten Eden vertreibt. Sein Finger weist im Kalender der Sterne voraus auf das Datum, an dem sich auf der darunter, im Zentrum der kosmischen Ordnung liegenden Erde, die Erlösung anbahnen wird: Mariae, der zweiten Eva Geburt zum Frühlingsanfang am 25. März. Es ist eine Geste, die sich dem Blick der Vertriebenen entzieht: vom Schwert des Engels geblendet, schwindet ihnen der Glanz der Bäume, und was hinter ihrem Rücken, im Lichtschatten des ersten Bildes geschieht, wird erst in Generationen nach der stattgehabten Erlösung im Bild faßbar, einem modernen Bild (im mittelalterlichen Sinne der moderni).

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-04684-0_1

Full citation:

Haverkamp, A. (2018). Bildlegende Giovanni di Paolo: Teleskopie der Moderne, in Klopstock/Milton – Teleskopie der Moderne, Stuttgart, Metzler, pp. 5-8.

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