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222302

(2007) Kleist-Jahrbuch 2007, Stuttgart, Metzler.

Die Sehnsucht, kein Selbst zu sein

Daniel Kehlmann

pp. 17-22

Romantik, das ist nicht einfach die Liebe zu Natur, Mittelalter und Gespenstergeschichten, sondern die Entdeckung all dessen in der Kunst, während man gleichzeitig weiß, daß es im Leben verloren ist. Die vielleicht letzte Strömung, die die Bedeutung des Wortes Mensch für immer veränderte, ging von einer Gruppe junger Leute aus, denen es Unbehagen bereitete, daß sie zu viel Intellekt hatten, um der Natur nahe zu sein, daß der naive Glaube ihnen ferner war als jeder Ort der Erde und daß die wohligen Schauer, die ihnen die Erzählungen von offenen Gräbern und lebenden Toten über den Rücken jagten, einzig und allein daher rührten, daß sie nicht mehr damit rechneten, solchen Phänomenen zu begegnen. Das moderne Bewußtsein, das eben noch so weimarisch prunkvoll seine Souveränität gefeiert hatte, betrachtete sich selbst, und der Anblick machte es unglücklich.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-00319-5_3

Full citation:

Kehlmann, D. (2007)., Die Sehnsucht, kein Selbst zu sein, in G. Brandstetter, S. Doering & G. Blamberger (Hrsg.), Kleist-Jahrbuch 2007, Stuttgart, Metzler, pp. 17-22.

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