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221671

(1999) Struktur und Ereignis in theorievergleichender Perspektive, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Handlungen und soziale Strukturen

Ein Vergleich von Rational Choice mit den Theorien von Alfred Schütz und Peter Berger/Thomas Luckmann

Uwe Schimank

pp. 119-141

Eine der grundlegendsten Dichotomien, mit denen wir Realität erfassen, ist die von Ereignissen auf der einen, Strukturen auf der anderen Seite. Das Unterscheidungskriterium, das diese Dichotomie erzeugt, liegt in der Zeitdimension. Ereignisse sind relativ zeitpunktfixierte Geschehnisse: ein Sonnenuntergang, eine Explosion, ein grüßendes Nicken, ein Gespräch. Strukturen sind demgegenüber zeitlich relativ dauerhaftere Gegebenheiten: die chemisch-physikalische Zusammensetzung eines Sterns, die Beschaffenheit eines Motors, soziale Umgangsformen oder die gesellschaftliche Verteilung von Reichtum. Mit diesem nicht ontologischen, sondern beobachtungsabhängigen Unterschied ist ein wechselseitiges Konstitutionsverhältnis gesetzt. Ereignisse laufen innerhalb schon gegebener Strukturen ab und werden durch diese geprägt. Ein Gespräch zwischen einem armen und einem reichen Menschen beispielsweise verläuft zumeist anders als zwischen zwei Reichen - oft kommt ersteres gar nicht erst zustande. Umgekehrt sind Strukturen nichts irgendwie immer schon Bestehendes, sondern werden ereignishaft produziert und reproduziert. Der Aufbau, die Erhaltung und der Wandel von Strukturen vollziehen sich über Ereignisse. Jeder korrekt ausgeführte Gruß kontinuiert die entsprechende Umgangsform; und eine sich etwa über Nachahmung ausbreitende massenhafte Verweigerung eines Grußrituals läßt diese Form verschwinden.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-663-11556-4_5

Full citation:

Schimank, U. (1999)., Handlungen und soziale Strukturen: Ein Vergleich von Rational Choice mit den Theorien von Alfred Schütz und Peter Berger/Thomas Luckmann, in R. Greshoff & G. Kneer (Hrsg.), Struktur und Ereignis in theorievergleichender Perspektive, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 119-141.

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