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Der Ursprung des Bösen

Annemarie Pieper

pp. 199-216

Das Wort "böse" kommt im heutigen Sprachgebrauch eher selten vor — anders als das Wort "gut", dessen Bedeutungsvielfalt zu einer nahezu inflationären Verwendungsweise geführt hat.1 Vom Bösen ist vor allem im religiösen Bereich noch die Rede, in dem es für eine objektiv nicht faßbare, gefährliche Macht steht, die den Menschen und sein Seelenheil nicht nur von außen, sondern primär von den Wurzeln seines personalen Seins her zutiefst bedroht. In der Umgangssprache taucht das Wort "böse" in psychologischen Zusammenhängen auf, so zum Beispiel, wenn man "jemandem böse" ist, wenn man einem ungehorsamen Kind vorwirft, "Du bist böse" oder es vor dem "bösen Mann" warnt, der ihm Schaden zufügen könnte. Aus dem moralischen Sprachgebrauch schließlich ist das Wort "böse" weitgehend verschwunden. Man scheut sich in der Regel, von einem bösen Menschen, einer bösen Handlung zu sprechen und sagt stattdessen lieber: ein schlechter Charakter, eine falsche Handlung, eine schlimme Tat. Man versichert allenfalls jemandem, den man unbeabsichtigt verletzt hat, man habe es nicht bös gemeint bzw. nicht in böser Absicht gehandelt. Dem alltäglichen Sprachgebrauch folgend, verzichten auch Jurisprudenz und Ethik bei der Verurteilung einer Praxis auf das Wort "böse" und ersetzen es durch 'schlecht", 'schlimm", "unrecht", "unmoralisch" u. a.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-0348-5423-8_13

Full citation:

Pieper, A. (1985)., Der Ursprung des Bösen, in A. Cesana & O. Rubitschon (Hrsg.), Philosophische Tradition im Dialog mit der Gegenwart, Basel, Birkhäuser, pp. 199-216.

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