Kontinuitäten und Brüche des nationalsozialistischen Technokraten

Geschlechtersoziologische Studien zum Ingenieurwesen der rationalisierten Moderne

Tanja Paulitz, Bianca Prietl

pp. 209-226

In seinen modernisierungstheoretischen Überlegungen hat Zygmunt Bauman den Holocaust als Fortsetzung einer genuin modernen Denktradition instrumenteller Rationalität analysiert. Ausgehend davon möchte der Beitrag dieses Kontinuitätsargument im Hinblick auf seine NS-Spezifik empirisch differenzierter ausleuchten. Hierzu wird im Anschluss an geschlechterkritische Auseinandersetzungen mit dem Verhältnis von Rationalität und Geschlecht auf Konstruktionen von Männlichkeit fokussiert. Auf Basis einer diskursanalytischen Untersuchung der Berufskonzeption des Ingenieurs als NS-Technokraten wird wissenschaftlich-technische Rationalität im spezifischen Kontext der Ingenieurwissenschaften betrachtet und gezeigt, dass die Männlichkeitskonstruktion des NS-Technokraten in besonderer Weise an die Ingenieurtradition des Kaiserreichs anknüpft und diese in Richtung einer technokratischen Führungspersönlichkeit verschiebt. Damit wird das Verhältnis von Rationalität und Moderne in seinen Ambivalenzen differenzierter gefasst. Männlichkeit erweist sich dabei als produktive Analysekategorie.In his work on modernity, Zygmunt Bauman has analyzed the holocaust as continuation of the genuinely modern tradition of thought. Taking up this argument, the article wants to empirically differentiate this continuity-thesis with respect to its historic specificity during the NS. Therefore we focus on the relationship of rationality and gender, especially masculinity constructions. Based on a discursive analysis of professional concepts of the German engineer as Nazi-technocrat, we study technical-scientific rationality in the specific context of engineering. The analysis shows how the masculinity construction of the Nazi-technocrat is based on the engineering tradition of the empire and reworks the historically available concept of the engineer in order to establish the engineer as the assertive "leader of the nation". The empirical study highlights the ambivalences of the relationship of rationality and modernity. Thereby, masculinity proves to be a productive analytical category.

Publication details

DOI: 10.1007/s11614-015-0165-7

Full citation:

Paulitz, T. , Prietl, B. (2015). Review of Kontinuitäten und Brüche des nationalsozialistischen Technokraten. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 40 (2), pp. 209-226.

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