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Zeit, Ethik und Existenz. Phänomenologische Perspektiven

Göttingen, 15 - 16 June 2023

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Zeit ist Gegenstand verschiedener philosophischer Teilbereiche und Ansätze. In den nach wie vor dominierenden Debatten der theoretischen Philosophie wird beispielsweise nach der Subjektivität oder Objektivität der Zeit gefragt, nach ihrem absoluten oder relativen Charakter oder nach Erklärungen für ihre Richtung. Im Unterschied dazu rückt die Tagung ethische und existenzielle Aspekte von Zeit und Zeitlichkeit in den Vordergrund. Gefragt werden soll, wie sich menschliche Existenz unter dem Gesichtspunkt der Zeitlichkeit bestimmen lässt, welche Implikationen dies für Gelingen oder Misslingen von Lebensvollzügen hat und welche weiteren ethischen Problemstellungen damit verbunden werden können. Wie ändert sich unser Blick auf ethische Fragen, wenn wir sie im Hinblick auf die Zeitlichkeit menschlichen Lebens neu betrachten? Könnten sich Kategorien wie Interessen, Gefühle, Urteile und Handlungen oder Praktiken wie das Verzeihen grundlegend anders darstellen, wenn sie (stärker) temporal gedacht werden?

Insbesondere die phänomenologische Tradition bietet einen reichen Fundus von Einsichten, die für diese Fragen fruchtbar gemacht werden können. Deswegen sollen phänomenologische Perspektiven im Mittelpunkt der Tagung stehen. Sie sollen dies indes auf eine in dreifacher Hinsicht distinkte Weise: Erstens soll von den fundamentalphilosophischen Ansprüchen phänomenologischer Zeittheorien, mit denen die Phänomenologie in Konkurrenz zu stärker analytischen Ansätzen in der theoretischen Philosophie tritt, weitgehend abgesehen werden. Das betrifft beispielsweise das schwierige Verhältnis zwischen den Zeitkonzepten der Physik und lebensweltlichen Zeiterfahrungen. Der Fokus liegt ganz auf den Möglichkeiten einer phänomenologischen Erhellung ethischer und existenzieller Probleme. Zweitens soll es weniger um Exegesen der Arbeiten klassischer Vertreter der Phänomenologie, die häufig deren spezifischer Diktion verhaftet bleiben, als um deren eigenständiges Weiterdenken gehen. Ethische und existenzielle Fragen werden also in dezidiert systematischer Absicht angegangen. Und drittens soll die Tagung wesentlich dem Austausch zwischen phänomenologischen und anderen Ansätzen dienen. Beabsichtigt ist ausdrücklich nicht eine rein phänomenologische Fachtagung, sondern ein akademisches Forum für ein offenes Gespräch über Aussichten und Grenzen phänomenologischer Perspektiven auf zeitbezogene ethisch-existenzielle Themen im Vergleich zu anders gelagerten, etwa stärker analytischen, Herangehensweisen.

Die Vorträge der Einladenden und der Eingeladenen sollen durch Beiträge von zwei Nachwuchswissenschaftler:innen ergänzt werden, deren Promotion nicht länger als vier Jahre zurückliegt. Hierfür sind ein Abstrakt (max. 750 Worte) und ein kurzer Lebenslauf bis zum 30. Januar 2023 einzureichen. Der Ausrichtung der Tagung entsprechend sind Beiträge aus verschiedenen philosophischen Richtungen ausdrücklich erwünscht. Ein Budget für Reise- und Übernachtungskostenerstattung ist vorhanden.

Für Rückfragen und die Einsendung von Abstracts steht Anne Clausen zur Verfügung (anne.clausen@uni-goettingen.de).